Stellungnahmen

Die kruden Thesen deutscher Anti-Darwinisten

Erwiderung zum SPIEGEL ONLINE-Artikel vom 15.2.2009

In diesem Artikel wird die Auffassung von Prof Dr. Kutschera (Universität Kassel) dargestellt. Dieser hielt während einer Rede mit dem Titel »Evolution, das Generalthema der Biowissenschaften« auf der Jahrestagung des Verbands deutscher Biologen am 27. Oktober 2002 ein und warnte explizit vor Büchern wie »Darwins Irrtum«. Im Anschluss an das Treffen wurde deshalb die Arbeitsgemeinschaft Evolutionsbiologie gegründet, um die weitere Einflussnahme des Antidarwinismus auf Schule und Öffentlichkeit zu verhindern (Pressemitteilung Dr. Georg Kääb, 29. 4. 2004).

SPIEGEL ONLINE berichtet von einer interdisziplinären Anti-Evolutions-Bewegung. Tatsächlich wird in diesem Artikel richtig dargestellt, dass es viele Leute wie Zillmer gibt, die Makro-Evolution ablehnen, weil diese bisher in keinem einzigen Fall bewiesen wurde, aber harte Fakten gegen Darwins Evolutionstheorie und die evolutiv-geologische Zeitskala sprechen, wie u. a. unversteinerte Dinosaurier-Knochen und noch dehnbaren Blutgefäße eine kürzlich ausgegrabenen Tyrannosauriers zeigen, wie in dem Buch »Die EvolutionsLüge« dokumentiert.

Zu unterstreichen ist, wenn in dem SPIEGEL-Artikel richtig darlegt wird, dass nicht nur Kreationisten Gegner einer darwinschen Makro-Evolution sind, wie es sonst immer gerne in einem schwarz-weißen Feindbild dargestellt wird, dass es eine neutrale, immer größer werdende Gruppe von Leuten gibt, die Darwins Evolutionstheorie aus logischen und faktischen Gründen ablehnt. Kutschera lässt in SPIEGEL ONLINE schreiben:

»Aktuelle Buch-Bestseller eines phantasiebegabten Bauingenieurs (Zillmer) und eines esoterisch angehauchten Mediziners mit Titeln wie »Darwins Irrtum« beziehungsweise »Abschied vom Darwinismus«, in denen der britische Naturforscher für das Böse in der Welt verantwortlich gemacht wird, unterstützen die derzeitige interdisziplinäre Anti-Evolutions-Bewegung«.

Immerhin durfte der nach Kutschera phantasiebegabte Hans-Joachim Zillmer in einem Fachreferat vor dem Europäischen Parlament in Brüssel harte (fossile) Fakten gegen die Evolutionstheorie vorstellen. Ulrich Kutschera hat allerdings in Bezug auf »Darwins Irrtum« etwas verwechselt, da Darwins Rassismus nicht in diesem Buch, sondern in »Die EvolutionsLüge« mit für das Böse in dieser Welt verantwortlich gemacht wurde. Kutschera weist darauf hin, »dass sich die Nazis in ihren Hauptschriften weder auf Darwin noch auf Haeckel berufen . . . Ein zentraler Punkt der NS-Ideologie war bekanntlich der Antisemitismus. Weder in den Werken Darwins noch in den Schriften Haeckels finden sich judenfeindliche Sätze«.

Kutschera spricht Charles Darwin frei. Warum auch nicht: Was andere aus seinem Gedankengut machen, kann ihm kaum zu Last gelegt werden, und schließlich hat er noch auf dem Totenbett an die Richtigkeit seiner Hypothese gezweifelt, da diese durch den Fossilbefund nicht gestützt wurde. Bis zum heutigen Tag wurde ein solcher Beweis nicht vorgelegt. Der britische Paläontologe Derek V. Ager gesteht diese Tatsache ein: »Wenn wir den Fossilnachweis im Einzelnen untersuchen, ob auf der Ordnungs- oder Spezies-Ebene, tritt ein Punkt hervor: Was wir immer und immer wieder finden, ist nicht eine allmähliche Evolution, sondern eine plötzliche Explosion einer Gruppe . . .« (»Proceedings of the British Geological Association«, Bd. 87, 1976, S. 133)

Aber trotzdem ist der Darwinismus mit verantwortlich für die Massenmorde, die Stalin und Hitler inszeniert haben:

In seinem Buch »Die Abstammung des Menschen« (»The Descent of Man«), diskutiert Darwin kühn über »die größeren Unterschiede zwischen Menschen bestimmter Rassen« und stellte Neger und australische Aborigines auf eine Stufe mit den Gorillas. Da liegt es nahe, auf den Gedanken von unterschiedlich entwickelten Rassen zu kommen.

Adolf Hitler nutzte den Rassenbegriff auf menschenverachtende Weise aus und wollte selbst evolutiv eingreifen. Es sollte einer »Herrenrasse« die Vormachtstellung auf unserer Erde gesichert werden. In bestimmten Zentren wurden Menschen selektiert, isoliert und regelrecht gezüchtet, die die gewünschten »arischen« Merkmale aufwiesen. Adolf Hitler berief sich ausdrücklich auf die Hypothesen von Charles Darwin und sah in der Evolutionstheorie eine Rechtfertigung für sein Handeln. Die Nürnberger Rassegesetze von 1935 legten fest, dass Fremdrassige wie Juden, Slawen, Schwarze oder Sinti und Roma »minderwertig« waren und deshalb als »Untermenschen«, angesehen und verfolgt wurden. Diese nach der Ideologie des Nationalsozialismus »minderwertigen« Rassen, waren nach Darwins Ansicht sowieso dem Aussterben geweiht, da diese dem Selektionsdruck der Evolution nicht gewachsen sein sollen: Nur der Stärkere setzt sich nach Darwin durch. Hitler betrachtete sich als Vollstrecker des postulierten Evolutionsmechanismus. Viele Menschen wurden Opfer dieses Wahnsinns.

Aber es gibt im Gegensatz zu Darwins Evolutionstheorie gar keine »Menschenrassen«:

Unterschiedliche Merkmale wie Hautfarbe, Körpergröße oder die Form der Augen, des Körpers, Gesichts und anderer Details erlauben uns oft, auf den ersten Blick zu erraten, woher der Betreffende stammt. In jedem Kontinent sind viele dieser Merkmale homogen und erwecken daher den Eindruck, es gebe »Rassen«.

»Diese Unterschiede sind zumindest teilweise genetisch bedingt. Hautfarbe und Körperformen sind . . . am wenigsten erblich . . . Sie sind fast alle auf klimatische Unterschiede zurückzuführen« (Cavalli-Sforza, »Gene, Völker und Sprachen«, 1999, S. 22).

Außerdem ging Darwin analog zur damaligen Überzeugung davon aus, dass der Verstand des Mannes demjenigen der Frau überlegen sei und dass die männliche Intelligenz größer und hervorragender als die weibliche sei. Nach Darwin ist der weißhäutige Mann die Krönung der evolutiven Entwicklung und die weiße Rasse die am weitesten entwickelte Menschenrasse.

Diesen und weiteren Auffassungen der Evolutionstheorie widerspricht eine Gruppe (nicht organisierter) neutraler Denker: eine rasch wachsende Anti-Evolutions-Bewegung.

Hinweis: In dem neuen, im August 2009 neu erscheinenden Buch von Hans-Joachim Zillmer wird u. a. eine nicht religiös motivierte Alternative zur Darwinschen Evolutionstheorie vorgestellt.

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